8.1.1945 Bertha an Schwester Frieda

Salesker-Strand vom 8.1.45


Meine liebe gute Schwester,
Inzwischen wirst du ja auch meinen Brief erhalten haben! Heute bekam ich von dir und Annemarie einen lieben langen Brief. Dir danke ich so recht von Herzen für deine mir so wohltuenden Zeilen, deinem Annemielein danke ich auch sehr für ihre ausführliche Schilderung. Heute kam ein Brief vom 15. Nov. zurück, so fast alle Tage. Manchmal wird mir so Angst, das ich nicht weiß wohin. Wenn mir das Schicksal den letzten Jungen nimmt, dann weiß ich nicht. Annemarie schreibt auch es ist dauernd Alarm, sie fürchten einen Angriff. Friedchen, wenn ich ehrlich sein will ich habe keine Weihnachtsstimmung gespürt, es machte wohl das Einsame um mich.  Sylvester ging Martin und ich um 8 Uhr ins Bett. Das Mädchen ging schon  Sonnabend nach Hause. Ich hatte solche Schmerzen im Munde und Kopf. 5 Zähne wurden mir gezogen,  ein Stuben brach zweimal ab. Nun kann ich so schlecht essen. Neujahr waren wir auch allein. Wir sind nirgends gewesen. Mittwoch will ich mit Frau Fank mitfahren nach Saleske. Dann will ich zu Tante Anna heran gehen. Ich freue mich mit euch über Euer Fröhlichsein. Es ist die köstlichste Zeit, wenn man die Kinder um sich hat. Annemarie kommt über 14 Tage zu Besuch. Das sind dann die Festtage. Sonntag schlachten wir unser Schweinchen. Heute kaufte ich mir noch 4 Ztnr. von gefrorenen Kartoffeln. Sonst hätte ich bei die Miete gehen müssen. Du schreibst noch vom armseligen Paket und das barg so viel wunderbares das ich überglücklich war. Annemarie hast du auch so beschenkt und ich kann alles nur mit einem einfachen Dankeschön quittieren. Mir tut es nur so leid das unser Jung nicht ein Päckchen bekommen hat, alles erfreut andere, ich gönne es ihnen. wenn ich nur wüßte wo mein Jung wäre. Leb wohl! Gott beschütze dich und dein Haus.
Es war vor 2 Jahren eine köstliche Woche bei Dir und den Deinen. Gott vergelte es euch.