1.2.1932 Brief von Berta an ihre Schwester Frieda

Brief von Berta an ihre Schwester Frieda in Altdöbern über das Leben in Salesker-Strand, Familie, Krankheiten, Landwirtschaft, …

Salesker-Strand d. 1.2.32
Mein liebes Schwesterchen!
Gerade heute will ich einen Brief an dich schreiben, vor einer Stunde kam ich vom Friedhof. Den alten Jakob Meyer haben wir heute zur ewigen Ruhe gebracht, er ist Fiederik fast nach 3 Wochen gefolgt. Beide hatten das biblische Alter überschritten erstere war 87 Jahre alt + Meyer 84 Jahre alt. Onkel Knuht war auch zum Nachfolgen gekommen. – Wie du wohl von Muttern erfahren hast, bin ich schon 2 Monate allein. Ich möchte wer weiß was schaffen, es wird nur das Notwendigste fertig. Im neuen Jahr war ich recht krank, hatte eine böse Halsvereiterung, konnte doch 14

nichts herunter bekommen, dann brachte ich Jürgen nach Stolp zur Operation (Auge). 14 Tage war er bei Frau Ringlepp. Soweit ist alles gut. Nun musste er noch einmal hin. Freitag brachte ich ihn wieder zur Nachoperation. Die Nachhaut ging nicht von den Einspritzungen, die ich 3 Wochen täglich ihm machen mußte, fort. Wieder mußten wir Frau R. Güte in Anspruch nehmen. Wie ich ihr danken soll, weiß ich noch nicht. Ersten umsorgt sie den Jungen mit so viel Liebe und zweitens beschenkt sie uns noch. 8 Tage wird Jürgen wohl wieder da bleiben müssen. Trotz allem guten Essen und

Pflege hat er so ein Heimweh. Ich will gerne Saftbr?? essen, gar keinen Kuchen haben, nur zu Hause sein. Aber wohler war er in Stolp geworden. – Unser Anntsche ihren Geburtstag durfte ich dieses Jahr nicht mitfeiern. Helfen unsere Annemarie krankt diesen Winter sehr viel. Sie ist gerade so mager und immer friert sie. Manchmal wird mir Angst. Was macht Euer Augenstern? Alle Tage fragen unsere Kinder schon, ob Tante Friedchen mit Klein Annemie zu Sommer kommt.
Nun fange ich schon zum 3. Mal an zu schreiben. Hoffentlich vollende ich nun den Brief. Martin ist heute wieder nach Stolpmünde , kauft sich Flundern und geht damit

aus, es ist das 2. Mal, aber heimlich. Nun staunten auch wir, haben schon 14 Tage Unterstützung bekommen, die Woche 9 Mk. Es ist doch etwas, nun brauchen wir doch kein Brot borgen. 2 Schweinchen haben wir geschlachtet. Das Stck. wog wohl 150 Pfd. Speck gab es ja nicht, aber es ist doch etwas im Fass. 2 Kälber habe ich über Winter getränkt, dies letzte kann ich nur 6 Wochen halten, wenn es gesund bleibt. 2 Kühe werden im Juni kalben und Stene müssen wir verkaufen, die Milch findet sich nicht in die vordere Hälfte. Ferkel haben wir noch nicht. Ich dachte so über 14 Tage. Kartoffeln haben wir sehr wenig. 13 Ztr. kleine Kartoffeln kaufte ich schon von Onkel Knuth. Nun habe ich auch große bei ihm bestellt. – Unsere Gans hat schon 6 Eier gelegt.
Wir haben hier einen alten Lehrer aus Stolp, hat schon große Kinder, aber Frau + Kinder sind in Stolp, wo er ein eigenes Haus besitzt.
Adolfs Irmchen wird Sonntag konfirmiert. Weil es mein Patenkind ist, habe ich ihr einen weißen Unterrock geschenkt. Wenn du etwas wissen willst, musst du einen Fragebogen schicken.
Hast du auch Frau Bauer für das Hemd gedankt? Über meins freue ich mich auch immer zu. Leb wohl liebes Schwesterchen, dich küsst in Liebe deine Schwester + Familie
grüße bitte Mamma, Gotthold und den kleinen Matz herzlich , sie soll nur kommen, wir karren sie auch zur Ostsee.